Die Gefahr von Bewegungsreizspielen
Bewegungsreizspiele sind Spiele, bei denen du etwas wirfst und dein Hund hinterher hetzt. Der Gegenstand, der geworfen wird, kann ein Ball, ein Frisbee, ein Kong, ein Tau mit Knoten usw. sein. Auch das Spiel mit der Reizangel fällt unter den Begriff Bewegungsreizspiel.
Dieses «Spiel» scheint dem Hund Spass zu machen, darum ist es auch sehr beliebt und die Industrie vermarktet unzählige Wurfobjekte.
Da das Hetzen und Jagen eines Gegenstandes beim Hund zu einer Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin führt, ist es nicht unbedenklich. Es geht hier nicht darum, Bewegungsreizspiele zu verteufeln – es gibt sicher auch Hunde, bei denen das völlig unproblematisch ist - sondern die möglichen Gefahren einer solchen Beschäftigung aufzuzeigen:
(Früh)Förderung des Jagdverhaltens:
Eigentlich entwickelt sich der Jagdtrieb erst mit der Pubertät deines Hundes (Ausnahme sind hier spez. Jagdhunderassen). Animierst du schon deinen Welpen einem Gegenstand hinterherzujagen, machst du eine jagdliche Frühförderung. Möchtest du dir keinen enthusiastischen Jäger heranziehen, mit dem du im Wald später nur an der Leine spazieren gehen kannst, dann macht es Sinn auf Bewegungsreizspiele bei deinem Welpen oder Junghund zu verzichten – allenfalls auch bei deinem erwachsenen Hund.
Wenn du mit deinem Hund jagen gehen möchtest, dann mache mit ihm eine richtige und fundierte Ausbildung und lass ihn nicht unkontrolliert allem hinterherjagen.
Verschobenes/Fehlgeleitetes Beutefangverhalten:
Dein Hund erfährt beim Jagen von Gegenständen die gleiche Hormonausschüttung und damit verbunden die gleichen selbstbelohnenden Gefühle wie beim Jagen zwecks Nahrungserwerb. Weil sich das so gut anfühlt, kann es sein, dass er plötzlich anfängt auch andere Dinge zu jagen, die eigentlich nicht zu seinem Nahrungsspektrum gehören: vorbeifahrende Velos oder Autos, Jogger, Langläufer, kleine vorbeirennende Kinder oder kleine Hunde. Im Extremfall und der entsprechenden Disposition kann sich gar eine Verhaltensstörung wie das Schattenjagen entwickeln.
Fehlgeleitetes Beutefangverhalten ist zudem die Hauptursache von Beissvorfällen gegenüber Menschen – und bei quasi allen Hunden, die dieses Fehlverhalten zeigen, ist Balljagen eine Mitursache. Um jagen zu können, braucht es eine gewisse hormonelle Enthemmung, die den Hund bereit macht, ein anderes Tier zu töten, das sich ev. auch wehrt. Das hat nichts mit Aggressionen zu tun – hier geht es rein um die Nahrungsaufnahme, die Beute wird zum Essen gejagt und auf sein Essen ist man nicht wütend.
Wird nun einem Ball in Jagdabsicht hinterher gejagt, lösen auch hier die ausgeschütteten Hormone eine Enthemmung aus. Je öfter jemand enthemmt wird, desto besser ist er darin, sich zu enthemmen, was dazu führen kann, dass es unvermittelt zu einem schweren Beissvorfall kommen kann.
Kurze Zündschnur
Die beim Jagen ausgeschütteten Hormone Adrenalin und Noradrenalin erhöhen die Leistungsbereitschaft, die Konzentration, die Wachsamkeit und die Bereitschaft Gefahren zu begegnen oder Schmerzen zu widerstehen. Die Wirkung dieser Hormone bleibt tagelang im Körper und führt dazu, dass dein Hund viel schneller und impulsiver auf Aussenreize reagiert. Für deinen Hund wird es schwieriger, sich zu kontrollieren und auf Kommandos zu gehorchen.
Hast du einen Hund, der z.B. in Hundebegegnungen pöbelt, dann verstärkt sich dieses unerwünschte Verhalten dank des Hormoncocktails zusätzlich. Möchtest du unerwünschtes aggressives Verhalten wegtrainieren, wird das dauerhafte Weglassen von Bewegungsreizspielen eine wichtige Voraussetzung für deinen Erfolg sein.